Wild Wood

 

Die Arbeiten im Einzelnen: (von links nach rechts und von oben nach unten)
„Plattenspieler“, 32 x 32 cm, Kuchenschachtel, Pappe, bemalt, 2014
„Der König trägt den Müll hinaus“, 24 x 46 cm, Dachpappe, Silberpapie, Autolack ,1999
„Mein Vorfahr“, 100 x 170 cm, Zeitungsdruck, Öl und Kreide auf Nessel, 2005
„Gefäße II“, 70 x 100 cm, Öl auf Leinwand, 1997, Sammlung Höfer/Röckenhaus
„Axt“, 2001, 55 x 120 cm, Öl auf Holz
„Pinsel“, 55 x 37 cm, Öl auf Holz, 1995
„Gefäße“, 110 x 110 cm, Öl auf Leinwand, 1996, Sammlung Höfer/Röckenhaus, 1995
„Erwachen“, 97 x 106 cm, Öl, Kreide, Blattgold auf Holz, 2012
„Spielen“, 160 x 60 cm, Mischtechnik auf Holz, 2014
„Pistole“, 180 x 130 cm, Teer und Öl auf Nessel, 1993, Sammlung Höfer/Röckenhaus.
„Halb zog sie ihn, halb sank er hin“, 56 x 106 cm, Acryl, Edding, Licht, Holz, 2010

Malerei

Malerei entzieht sich der Beschreibung, ihrem Wesen nach. Könnte man die Wirkung, den Farbklang, die Aura eines guten Bildes mit Worten einfangen, bräuchte man es nicht malen. Malerei will selbst beschreiben, erzählen, aber mit ihren ganz eigenen Mitteln, die sehr intuitiv sind und immer ein bißchen unerklärlich. Vor allem gilt das für abstrakte oder informelle Malerei – Bilder also, die keine Wirklichkeit abbilden, bewusst nicht, sondern Farbe und Form ganz und gar von ihrem Dienst an der Ähnlichkeit freistellen.

Ich male vorwiegend abstrakt, aber nicht nur. Es gibt auch Bilder, die brav-akademisch eine Axt oder drei Zitronen zeigen; aber die meisten und wichtigeren Bilder sind abstrakt, sie stehen in einer Richtung, die man grob mit den Namen Motherwell, Tapies, Rothko, Johns, Twombly, Schumacher, Gorky, Pollock verbindet.

Ein abstraktes Bild ist gänzlich anders als ein „normales“ Bild. Denn ein „normales“ Bild zeigt etwa eine Teekanne oder einen Baum. Dies kann zwar verfremdet, kubistisch oder angereichert mit ungeheurer Ausdruckskraft und bewundernswertem technischem Können geschehen, und die Ergebnisse können großartig und wundervoll sein – aber das Bild bleibt immer dem Vorbild verbunden, wenn nicht verhaftet.

Ein abstraktes Bild ist jedesmal ein Neuanfang. Und zwar ein Neuanfang im Sinne von Vergessen-wir-alles-was-wir-wissen-oder-können. Es gibt am Anfang keine Orientierung kein Motiv, das Motiv muss erst entstehen, sich erst aus sich heraus bilden und erzählen. Man beginnt mit nichts. Und langsam schält sich eine Geschichte heraus.

Ein abstraktes Bild erzählt nämlich durchaus, es hat einen Narrativ, doch die Geschichte ist keine Story mit den gewohnten Protagonisten, Kommissar oder Rotkäppchen oder Hans Castorp, der auf den Zauberberg reist – besser gesagt: Die Protagonisten sind die Farbe, die Linien, die Kratzer. Daraus kann, wenn es gelingt, ein intensives Bild ergeben. Vor allem etwas vollkommen Neues.

Viele meiner Bilder male ich auf Holz, es sind dadurch beinahe so etwas wie Flachreliefs. Ich baue den hölzernen Malgrund selbst, oft setze ich ihn aus vielen kleinen und einzeln zugesägten Holzstücken zusammen, dadurch entsteht schon eine Lebendigkeit des Untergrund, es gibt gleichsam „Angebote“ einer Geschichte. Und die will ich dann erzählen, mit Farben, Klecksen, Kratzern, Strichen, indem ich sie gleichzeitig erfinde. Wenn ein Betrachter sagt, er könne damit nichts anfangen, weil er nicht weiß, was er sieht, muss ich das akzeptieren. Es gibt aber auch Betrachter, die genau die Abstraktion als schön und befreiend erleben. Wie auch ein Stück Rasen oder Waldboden oder eine verwitterte Kirchen, als Bild gesehen, wunderschön sein kann. Ohne dass man sich fragt, wofür der Waldboden „steht“.

Der künstlerische Vorgang ist extrem offen – das Ganze kann in die Hose gehen, und es dauert manchmal Monate. Im Vergleich dazu ist das Zeichnen ein viel kontrollierterer Schaffensprozess, hier kommt ein technisches Können zum Einsatz, das Sicherheit verleiht – und natürlich das Motiv, das Orientierung bietet. Diese Orientierung und Sicherheit fehlen bei der abstrakten Malerei, ich will sie beiseitelassen, bestenfalls vergessen; denn wie wollte man aus sich heraus ein wirklich neues Bild malen, wenn man gewisse Register zieht? Daher: Neuanfang, Tabula rasa.

Das alles soll aber nicht heißen, dass ich die abstrakte Malerei für die Königsdisziplin halte, die Zeichnungen und die akademische Malerei geringer bewerte. Ich bewerte gar nicht. Es sind nur unterschiedliche Herangehensweisen, die sich bestenfalls gegenseitig inspirieren. In den Zeichnungen gibt es nämlich abstrakte „Stellen“ oder „Ecken“. Und in der abstrakte Malerei kommt es mir gelegentlich zugute, dass ich weiß, wie ich bestimmte Wirkungen erzielen kann. Weder auf das eine noch auf das andere Genre wollte ich jedenfalls verzichten.